Letzte Woche wurde ich gebeten, ganz kurzfristig beim
Symposium "Mut zur Pause" mit einem Vortrag über BurnOut-Prävention
einzuspringen. Im Rückblick auf das Symposium ist auch meine Präsentation "Weckrufe der Seele rechtzeitig verstehen" verlinkt.
In der Podiumsdiskussion brachte eine Unternehmerin,
die selbst schon Weckruf-Erfahrungen gemacht hatte, einen wichtigen Punkt ein:
Es war und ist für sie sehr schwierig, in ihrem persönlichen Umfeld und in
ihrem Unternehmen Verständnis für ihre persönliche Maßnahmen zur BurnOut-Prävention
zu erhalten: Eine Powerfrau wie sie darf sich doch nicht einfach mal frei
nehmen. Eine Powerfrau wie sie darf sich doch keine Schwäche leisten und
Meetings verpassen. Eine Powerfrau wie sie ist doch für das ganze Unternehmen
verantwortlich.
Diese Unternehmerin hat mich sehr beeindruckt, weil sie
trotz der Widerstände von außen auf die Weckrufe ihrer Seele hört: Sie nimmt
sich Auszeit. Sie bereitet einen Wechsel in ihrer Berufstätigkeit vor, sie wird
die Spitze ihres Unternehmens verlassen. Sie achtet vermehrt auf ihren Körper
und gönnt ihm Pausen.
Im persönlichen Gespräch mit dieser Frau bekam ich
Einblick in all die Schwierigkeiten, die mit ihrer Entscheidung verbunden sind:
die Unsicherheiten in der Familie und im Unternehmen, das Finden eines
Nachfolgers oder einer Nachfolgerin für ihre Position in der Firma, erste
Schritte der eigenen Neuorientierung, erste Schritte, das Verantwortungsgefühl
für das Unternehmen loszulassen... Und dennoch: Ich konnte nicht anders, als
dieser Unternehmerin zu gratulieren! :) Ich habe sie bestärkt in ihrem Vorhaben, denn sie
ist auf dem besten Wege ein Role Model im Wandel unserer Leistungsgesellschaft
zu sein.
Sie ist ein Vorbild! Sie zeigt ganz konkret in ihrem
Lebensalltag vor, dass Leistungsdenken nicht alles ist, dass es daneben noch so
etwas wie "das Leben" gibt. Sie zeigt in ihrem Wirkungsbereich vor,
dass es auch anders gehen muss, als tagtäglich auf 180 zu funktionieren. Sie
zeigt vor, wie wichtig es ist, mit dem eigenen Körper achtsam umzugehen und die
eigenen Grenzen zu respektieren. Sie zeigt vor, dass es immer Lösungen gibt, um
belastende Situationen zu verändern, damit die Lebensqualität aller Beteiligten
steigen kann.
Natürlich kam in der Podiumsdiskussion der Einwand:
"Ja, aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die stehen ja jetzt vor
dem Nichts!" Vor dem Nichts stehen sie zwar nicht, doch ja, sie stehen
mitten drin in einem Prozess der Veränderung, auf den vielleicht auch einige
von ihnen mit weiteren Veränderungen reagieren werden.
Die Gesellschaft – in diesem konkreten Beispiel dargestellt durch das Umfeld der Unternehmerin – scheint zu verlangen, dass Menschen ihr eigenes Wohl vernachlässigen, um für andere da zu sein. Auf Dauer kann das meiner Meinung nach nicht gut gehen. Für mich geht es hier zentral um die Frage:
Wo findet jede/r einzelne die Balance zwischen Verantwortungsbewusstsein auf der einen Seite und Selbstliebe auf der anderen Seite?
Die Liebende, (C) Uli Feichtinger 2012 |
Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass es für die langfristige
Gesundheit von Individuen und Gesellschaft notwendig ist, dass wir Menschen
(wieder?) Selbstliebe erlernen. Selbstliebe ist ein hochtrabender Begriff –
kurz gesagt meine ich in diesem Kontext damit, mit sich selbst gut umzugehen,
wirklich gut mit sich selbst umzugehen.
Meine Gedanken zu diesem Thema habe ich ausführlicher im weripower Brief Nr. 43
beschrieben. (Anmerkung: Auch der weripower Brief Nr. 26 über die Ansprüche an sich selbst passt zum Thema Selbstliebe gut dazu.)
Menschen, die es jetzt schon schaffen, Selbstliebe im Alltag
zu praktizieren, fungieren als Vorbilder für ihr Umfeld, sie sind "Agent/inn/en
der Lebensqualität"! :) Denn viele Menschen sehnen sich nach einem anderen (Arbeits-)Leben, sehen aber
(noch) keine Möglichkeit dazu. Gerade in solchen Situationen braucht es ganz
konkrete Role Models, die bereits Alternativen leben: Vorbilder geben anderen
Mut und Zuversicht, dass auch sie etwas verändern können. Ich bin überzeugt: Wenn
immer mehr Menschen nach anderen Werten als jenen der Leistungs- und Konsumgesellschaft
leben, wird sich dadurch auch die Gesellschaft ändern.
Bis dahin ist es nicht unbedingt einfach, ein Vorbild
zu sein und "anders" zu leben. Denn es liegt in der Natur der Sache,
dass neue Vorbilder gegen den Strom schwimmen und nicht den Werten des
Mainstreams entsprechen. Doch die steigende Lebensqualität ist für solche Role
Models der ganz persönliche Vorteil! :)
Bist du ein Vorbild in Sachen BurnOut-Prävention? Bist
du "Agent/in der Lebensqualität" in deinem Alltag? Bist du ein Role
Model in Sachen Selbstliebe? Was hält dich davon ab? Ich freue mich darauf,
deine Meinung hier in den Kommentaren zu lesen! :)
PS: Das Thema BurnOut ist in meinem Weltbild ganz eng gekoppelt
an das Thema Berufung: BurnOut-Symptome sind für mich Weckrufe der Seele, wenn
wir uns zu weit vom Weg unserer Berufung entfernt haben. Durch BurnOut-Symptome
werden wir geweckt und aufgefordert, unserer Seele besser zuzuhören, damit wir
verstehen, was sie für uns und mit uns in diesem Leben vorhat.
Für Frauen sieht Entspannung (= Abbau von Stress) anders aus als für Männer. Oxytozin lautet für uns Frauen das Zauberwort! :) :) :) Unsere Praxis im Frauentempel zielt u.a. genau darauf ab: Oxytozin-Ausschüttung und Wohlbefinden! :) :) :)
4 Kommentare:
ja, sollte so sein. Solche Vorbilder brauchen wir viel mehr ! Selbst versuche ich das auch mehr in meinen Lebensalltag einfliessen zu lassen, denn ich war ziemlich stressgeplagt, mit allen zugehörigen (körperlichen) Folgen. Nun denke ich mal mehr an "Laissez-faire", und kann Frau Feichtinger zustimmen und meinen Dank aussprechen. Dr. Klaus Sailer
Lieber Klaus Sailer, danke für die Rückmeldung! :) :)
Was genau macht das "Laissez-faire" aus? Mal 5 gerade sein lassen? Wie kann das gelingen?
Ich denke, solch ganz konkrete Möglichkeiten sind für viele Menschen interessant! Ich würde mich sehr freuen, wenn wir hier so ganz konkrete Ansätze sammeln! :) :) :)
Herzliche Grüße, Uli Feichtinger
Danke, Uli, dass du das Thema aufgreifst. Ich finde Vorbilder auch ganz wunderbar, um uns daran zu stärken. Habe u.a. auch welche in meinen Mut-Karten gesammelt ;-)
Ich selbst versuche als selbständige Autorin/Texterin mich zeitlich nicht unter Druck setzen zu lassen und akzeptiere keine zu engen Deadlines. Ich kommuniziere das auch und erkläre, dass ich keine guten Texte schreiben kann, wenn nicht genug Zeit/Raum dafür ist. Auch dass ich immer wieder mal nicht erreichbar bin, erkläre ich für wichtig. Ich sage meinen Aufgraggebern, dass ich mit der freien Erholungszeit in die Qualität meiner Arbeit investiere, die wiederum ihnen zugute kommt.
Nur Mut! - uns allen auf dem Weg zu einer neuen Arbeitskultur.
Christa Langheiter
Christa, herzlichen Dank, dass Du Deine ganz konkreten Erfahrungen und Argumentationen mit uns teilst! :) Ja, daran merkt mensch, dass Du eine Expertin in Sachen Auszeit bist! :) :) :)
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